April 21, 2011

Das Rätsel um Neil Youngs erste Plastik-Ukulele

Die Ukulele, das kleine viersaitige Instrument aus Hawaii, erlebt vor einiger Zeit wieder einen weltweiten Boom. Die Welle wurde maßgeblich vom Erfolg des verstorbenen hawaiianischen Sängers und Ukulelespielers Israel Kamakawiwo ausgelöst, dessen Coverversion von „Over the Rainbow“ über YouTube in aller Welt die Hitparaden stürmte.

Die Ukulelen der verschiedenen Hersteller verkaufen sich seit dem wie geschnitten Brot – vom einfachen Plastikmodell aus China bis hinauf zu hochwertigen Instrumenten aus massivem Tonholz. In vielen Ländern treffen sich Ukulele-Spieler in Kneipen, um gemeinsam zu musizieren - oft mit reichlich Alkohol zum Stimmbänderölen. Auf zahlreichen Ukulele-Internetseiten und im Musikalienhandel haben Noten mit Ukulelearrangements alter und neuer Hits Hochkonjunktur. Nicht wenige spielen sogar im hohen Alter mit der frisch gekauften Ukulele zum ersten Mal überhaupt ein Instrument. Vier Saiten, drei Griffe und eine ungefähre Ahnung von Rhythmus – mehr braucht man auch nicht, um loslegen zu können.

Und genauso hat vor mehr als 50 Jahren auch ein kleiner Junge in der kanadischen Provinz Ontario angefangen, Musik zu machen. Eine schlichte Plastik-Ukulele war das allereste Instrument, auf dem die Weltkarriere von Neil Young begann. Und das kam so ...

Geschenk von Neil Youngs Vater


Alte Spielanleitung
Neils Vater erinnert sich in seinem Buch „Neil and Me“, dass sein Sohn 1958 Plastikukulelen in einem Geschäft in Pickering sah. Die Youngs waren 1955 aus Omemee kommend - nach einem kurzen Intermezzo in Toronto - in den kleinen Ort westlich der Hauptstadt von Ontario gezogen. Neil Young begann in Pickering eine Hühnerzucht hinter dem Haus und verkaufte Eier – wie später sein Sohn Ben.

Bis zum Anblick der Plastik-Ukulele hatte Musik keine große Rolle in Neil Youngs Kindheit gespielt, erzählt Vater Scott Young. Offenbar hat die Ukulele aber etwas in „Klein Neil“ geweckt. Er wünschte sich eine zu Weihnachten und seine Eltern kauften tatsächlich so ein viersaitiges Plastikding in dem Laden in Pickering. Neil Young war so fasziniert von der Ukulele, dass die Eltern das Weihnachtsgeschenk schon Monate vor dem eigentlichen Festtag herausrücken mussten.

Scott Young berichtet weiter, sein Sohn habe sich noch am gleichen Tag in Pickering mehrere Schallplatten gekauft, zu denen er imaginäre Tanzwettbewerbe im Wohnzimmer veranstaltete, wenn er allein zu Haus war. Vater Scotts alter, transportabler „Seabreeze“-Plattenspieler war dabei bis zum Anschlag aufgedreht. In seinem Zimmer hörte er zudem den örtlichen Top-40-Radiosender CHUM 1050 oder suchte nach aktueller Musik bei Sendern aus den USA. In Pickering, wird Neil Young später in "Shakey" zitiert, habe er begonnen, sich dem Rock'n Roll zuzuwenden.

Ukulele im Weihnachtskarton
Zu Weihnachten 1958 - die Youngs waren inzwischen wieder nach Toronto gezogen - hat Vater Scott dann seinem Sohn Neil etwas auf der Ukulele vorgespielt und ihn danach erstmals auf der Ukulele auch selber spielen hören. Oben in seinem Zimmer im neu angemieten Haus in der 49 Old Orchard Grove (Google-StreetView-Link) habe Neil zu den mit der Ukulele gelieferten Blättern mit Cowboyliedern brav Akkord für Akkord gelernt. Scott Young: „Wir hörten PLUNK, dann Pause während sich die Finger zum nächsten Akkord bewegten, PLUNK, Pause, bis sie sich wieder bewegten, PLUNK …“

Das PLUNK, PLUNK, ist im Laufe seiner Karriere natürlich deutlich schneller geworden. Aber die Mutmaßung sei gestatt, dass Neil Youngs Gitarrenspiel durchaus von der Wahl dieses ersten Instruments beeinflusst wurde. Eine richtige Gitarre als Einstieg, womöglich noch mit Nylonsaiten, und aus Neil Young wäre am Ende ein Finger-Picker geworden. Wie auch immer: Fest steht jedenfalls, die Plastik-Ukulele hat etwas in dem damals 12-jährigen Jungen geweckt, was bis heute andauert.

Welches Modell?


Leider ist nicht genau bekannt, was für eine Plastik-Ukulele ihm damals aus einem Schaufenster in Pickering anlachte. Marke und genaues Modell blieben bislang im Dunkel der Geschichte. Ein klarer Fall also für „Aktenzeichen NY ungelöst“ oder „C.S.I . NY“. Hier sind die bisherigen Ermittlungsergebnisse:

Neil Young selber hat in Jonathan Demmes Konzertfilm „Heart of Gold“ von 2006 in einer Ansage davon gesprochen, im Alter von „sieben oder acht Jahren, vielleicht auch später“ eine „Arthur-Godfrey“-Ukulele bekommen zu haben (siehe Video unten). Auch in einem Interview mit dem britischen MOJO-Magazine aus dem Jahr 1995 spricht er von einer „Arthur-Godfrey“-Ukulele.

Es deutlicher wird der Rockmusiker in seinen Memoiren "Special Deluxe" aus dem Jahr 2014: "An einem Geburtstag bekam ich eine Arthur Godfrey Plastikulele. Es war ein Bild von Arthur Godfrey oben drauf, mit ein paar Musiknoten."

Da Sammler im Internet die Geschichte der Plastik-Ukulele sehr genau dokumentiert haben, lässt sich aus Neils Youngs Aussagen und denen seines Vaters daher recht präzise eingrenzen, welche Plastik-Ukulele im Herbst 1958 zum musikalischen Erweckungserlebnis des späteres Weltstars Neil Young geführt haben könnte. Zuvor aber noch ein Sprung zurück.

Die Geschichte der Plastik-Ukulele


Meccaferri-Gitarre
Die Geschichte der Plastikukulele begann mit dem italienischen Gitarrenbauer Mario Maccaferri, der Anfang der 1930er Jahre für den Instrumentenhersteller Selmer Gitarren entwarf, sich später aber in Paris und New York selbständig machte. Sein damals ungewöhnlicher Gitarrenentwurf ging als „Django Reinhardt-Modell“ in die Geschichte ein und ist bis heute das Standardinstrument im Gypsy-Swing. Maccaferri entdeckte nach dem 2. Weltkrieg den Plastikspritzguss und nutzte die damals noch neue Technik auch im Instrumentbau, zunächst für Blasinstrumente, die er in New York in der „French American Reeds Company“ herstellte. Er brachte damit als Pionier der Musikbranche preiswerte Einsteigerinstrumente in Millionenauflage auf dem Markt. Daneben stellt er noch zahlreiche andere Plastikartikel wie Haushaltswaren her.

Die Arthur-Godfrey-Show
Etwa zu selben Zeit stieß Maccaferri auf den Radio- und Fernsehunterhalter Arthur Godfrey, der in beiden Medien die Show „Arthur Godfrey's Talent Scouts“ präsentierte (siehe Video unten). In den Shows traten junge, unbekannte Musiker in einer Art Talentprobe auf. Arthur Godfrey war in den USA also so etwas wie der „Dieter Bohlen der 50er Jahre“. Wie Bohlen, sang und musizierte Godfrey auch selber. Als Begleitinstrument spiele er eine Ukulele. Neben der Talentshow präsentierte Godfrey noch weitere Shows wie „Arthur Godfrey & Friends“. Seine Shows gehörten zu den meist gesehenen Sendungen der 50er Jahre.

"mit Seife reinigen ..."
Der große Radio- und Fernseherfolg von Arthur Godfrey machte auch die Ukulele in den USA populär. Maccaferri entwickelte daraufhin eine preiswerte, aber gut klingende Ukulele aus dem Kunststoff Styron. Dieses „Islander“ genannte Modell war der Form einer Martin Modell 0 nachempfunden. Auf der Musikmesse demonstrierte Maccaferri die Haltbarkeit der Ukulele, indem er sie am Messestand in einem gefüllten Aquarium präsentierte. Arthur Godfrey empfahl die „Islander“ in seiner Sendung als innovatives Instrument, was die Verkaufzahlen auf einen Schlag explodieren ließ.

Die “Islander” war so erfolgreich, dass Maccaferris Firma, die inzwischen „Mastro Plastics Company” hieß, in Spitzenzeiten 10.000 Exemplare am Tag herstellte. Maccaferri wollte daher den Fernsehstar an sich binden und einen Werbevertrag abschließen. Dazu kam es jedoch nicht. Das Konkurrenzunternehmen „Emenee“ aus New York nahm Arthur Godfrey unter Vertrag, der fortan für deren Ukulelenmodell „Flamingo“ warb. Die „Flamingo“ war eine Plastik-Ukulele, die es in mehreren Ausführungen zu kaufen gab. Neben dem Standardmodell gab es u.a. noch eine Ausführung, die vier Stimmpfeifen an der Kopfplatte hatte – für jede Saite eine. Das Modell sah gewöhnungsbedürftig aus und nannte sich etwas übertrieben „Self Tuner“.

Konkurrenzkampf um Arthur Godfrey


Flamingo-Aufkleber
Beide Unternehmen warben übrigens mit Arthur Godfrey. Plastikpionier Maccaferri druckte auf den Karton der „Islander“ den Hinweis „Die Ukulele, die Arthur Godfrey berühmt machte“, während Mitbewerber Ememee bei seiner „Famingo“ dank Werbevertrag Arthur Godfreys Gesicht auf den Karton und das beigelegte Liederbuch drucken durfte. Die „Flamingo“ nannte sich auch offiziell „Arthur Godfrey“-Modell. Die Verwirrung wird noch gesteigert, weil Maccaferri auch eine preiswertere Ausgabe der „Islander“ unter dem Namen „TV Pal“ auf dem Markt brachte, die auf der Kopfplatte ebenfalls ein Gesicht Godfreys hatte – geschickterweise aber nur als Ausschnitt.

Neil Youngs „Arthur Godfrey“-Ukulele wird also mit ziemlicher Sicherheit eine dieser drei Ukulelen gewesen sein – auch wenn es daneben noch viele andere Hersteller und Vertriebsmarken gab. Aber nur diese drei stehen alle irgendwie mit Arthur Godfrey in Verbindung, auch wenn die „Flamingo“ rechtlich das einzig echte „Arthur Godfrey Modell“ darstellt. 

Liederbuch der Islander
Bleiben als weiterer Anhaltspunkt die mitgelieferten Liederbücher. Laut Scott Young waren da „ein paar Seiten mit Cowboyliedern“. Tatsächlich kam jede der drei in Frage kommenden Ukulelen mit einem Liederbuch, das Akkordtabellen, Griffbilder und einige Lieder enthielt. Mit Hilfe dieses Büchleins konnten die Käufer der Plastik-Ukulele schnell erste Griffe erlernen und Lieder begleiten.

Das Büchlein von Maccaferris „Islander“ musste wegen der Rechtslage ohne Godfeys Bild auskommen. Die Käufer wurden stattdessen mit der Lehrmethode von „Ukulele Lady“ May Singhi Breen auf das Instrument losgelassen. Diese Lady war schon vor dem 2. Weltkrieg in der ersten Ukulele-Welle in den USA populär geworden. Das Büchlein enthielt 13 Songs, wovon aber nur einige wenige echte Cowboysongs waren „My Old Kentucky Home“, „Home On The Range“, „Old Virginny“. Der Rest reicht von „Happy Birtday“ bis „Auld Lang Syne“.

Liederbuch der Flamingo
Die „Flamingo“ von Hersteller Ememee kam mit einem Büchlein, das „Song Book for Arthur Godfrey Uke Player“ hieß und mit Godfreys Gesicht auf der Titelseite erschien. Die Aufmachung war insgesamt aber dürftiger, als das Buch der „Islander“ und von einer richtigen Lehrmethode wie die der „Ukulele Lady“ konnte keine Rede sein. Dem Anfänger wurde in knapper Form nur das Notwendigste erklärt. Dafür enthielt das Buch der „Flamingo“ aber deutlich mehr Cowboysongs. Von „Clementine“ über „Swanee River“, „She'll Be Comming Round The Mountain“ bis hin zu „Birmingham Jail“ und „Home on the Range“ gab es eine große Auswahl an Songs, die Scott Young ab Weihnachten 1958 aus Neil Youngs Kinderzimmer hätte hören können.

Einige dieser Stücke erwähnte Neil Young später, als er vom Repertoire seiner Band "The Squires" bei den Auftritten 1965 im 4-D in Fort Williams erzählte. Dort traf er auch erstmals auf Stephen Stills, der dort mit seiner Band "The Company" ebenfalls einen Auftritt hatte.
Den Song spielten die "Squires"
John Einarson zitiert Neil Young in seinem Buch "The Canadian Years": "Wir spielten klassische Folk Songs mit einem Rock'n Roll Beat und änderten die Melodie. (...) Wir spielten 'Oh Susannah', 'Clementine' und 'She'll Be Comming Round The Mountain'. Es war anders, als alles, was ich davor oder danach gemacht habe. Es war funky." Die ersten erlernten Lieder aus Arthur Godfreys Büchlein klangen also noch lange nach.

Die von Neil Young selber im Zusammenhang mit der Ukulele erwähnten Songs „Blueberry Hill“ von Fats Domino und „On Top Of Old Smokey“ von den Weavers sind allerdings in keinem der damaligen Liederbücher zu finden. Hier ist Youngs Erinnerung entweder getrübt oder er lernte die Lieder auf der Ukulele anhand von den Schallplatten, die er damals zusammen mit dem Instrument kaufte.

Der Chordmaster


Der Chordmaster
Der große Erfolg der Plasik-Ukulelen erklärt sich auch durch die Erfindung des „Chordmasters“ (Foto rechts). Das war ein kleiner Plastikkasten in der Größe einer Zigarettenschachtel, der mit Hilfe von Gummibändern auf den oberen Bünden der Ukulele befestigt wurde. Auf dem Kasten waren mehrere Knöpfe, die mit Akkordbezeichnungen beschriftet waren. Statt echte Griffe zu erlernen, reichte es beim „Chordmaster“, Tasten zu drücken. Im Internet gibt eine Simulation des "Chordmasters", die dessen Funktionsweise anschaulich demonstriert. Diese vereinfachte Spielweise erlaubte es auch Grobmotorikern und Spielern mit zwei linken Händen der Ukulele halbwegs brauchbare Akkorde zu entlocken. Maccaferris Konkurrent Emenee bot dieses Hilfsgerät unter der Bezeichnung „Uke Player“ an.

Ob auch Neil Young einen „Chordmaster“ oder „Uke Player“ benutzte, ist nicht bekannt. Es spricht allerdings einiges dagegen: Vater Scott schreibt in seinem Buch, er habe Neil zu Weihnachten einige Griffe vorgespielt. An simples Tastendrücken statt Griffen hätte er sich da doch sicher erinnert. "Shakey"-Biograf Jimmy McDonough schreibt, das auch Neils Onkel Bob eine Arthur Godfrey"-Ukulele besaß und seinem Neffen ein paar Griffe beigebracht haben will. Auch wäre der Abstand zwischen den gehörten PLUNKS aus Neils Kinderzimmer mit einfachen Tasten vermutlich erheblich kürzer gewesen, als mit komplizierten Griffen.

Es ist zudem schwer vorstellbar, dass Neil Youngs Liebe zu Saiteninstrumenten durch ein so klobiges Hilfsmittel wie den „Chordmaster“ geweckt wurde. Ein echtes „Feeling“ für die Möglichkeiten von Saiteninstrumenten kommt mit dem „Chordmaster“ nicht auf. Auch hätte er kaum in den kommenden drei Jahren noch eine bessere Ukulele, eine Bariton-Ukulele, ein Ukulele Banjo, eine akustischen Archtop Gitarre und die elektrische Les Paul Junior gekauft.

Anzeige von Meccaferri
Von den drei in Frage kommenden Ukulelen wurden aber eigentlich nur die Modelle von Maccaferri auch ohne den „Chordmaster“ verkauft. In einer Anzeige aus der damaligen Zeit kostete die „Islander“ alleine 4,50 US-Dollar. Im Set mit dem Chordmaster, einem Koffer und sonstigem Zubehör waren 5,70 US-Dollar zu berappen. Die „TV PAL“, eine Billigvariante der „Islander“, kostete solo 1,98 US-Dollar, der „Chordmaster“ schlug separat mit 1 US-Dollar zu Buche.

Konkurrent Emenee verkaufte sein „Arthur Godfrey“-Modell „Flamingo“ offenbar nur mitsamt „Uke Player“. Das Set einschließlich Schutzhülle und Zubehör wurde ab etwa 5 US-Dollar angeboten. Ohne „Uke Player“ hatte Emenee die „Howdy Doody“-Ukulele im Programm, die mit der damals populären Bauchrednerpuppe „Howdy Doody“ beworben wurde. Dabei handelt es sich aber um eine auf Kinder von 2 bis 6 Jahren abgestimmte Korpusgröße. Auch wenn diese Ukulele in vielen Anzeigen zusammen mit dem „Arthur Godfrey“-Modell abgebildet war, ist schwer anzunehmen, dass auch diese in den "Kreis der verdächtigen" Neil-Young-Ukulelen passen würde.

Erhaltende Anzeigen aus den 50er Jahren belegen aber auch, dass zumindest anfangs Maccaferris „Islander“ zusammen mit dem Liederbuch von Arthur Godfrey verkauft wurde. Vermutlich hat der Handel diese Sets selber aus Einzelartikel zusammengestellt.


Das Ermittlungsergebnis


Nachdem der Kreis der Verdächtigen immerhin auf drei Plastik-Ukulelen eingegrenzt werden konnte, kann sich das endgültige Ermittlungsergebnis leider nur auf reine Indizienbeweise stützen.

Für die „Flamingo“ von Emenee spricht, dass sie das offizielle „Arthur Godfrey“-Modell war und mit vielen Cowboyliedern ausgeliefert wurde.
Gegen sie spricht, dass es sie im Grunde nur zusammen mit dem Hilfsmittel „Uke Player“ gab, dessen Nutzung durch Neil Young aber eher unwahrscheinlich ist.

Für die „Islander“ spricht, dass sie ebenfalls – wenn auch dezenter - mit „Arthur Godfrey“ beworben wurde. Sie wurde zudem von ihm im TV empfohlen, was sie beim Konsumenten gefühlt auch zu einer „Arthur Godfrey“-Ukulele machte. Für sie spricht auch, dass es sie ohne den „Chordmaster“ zu kaufen gab. Gegen die „Islander“ spricht ihr Lehrbuch nach „Ukulele Lady“ May Singhi Breen und die wenigen Cowboylieder.

Neil Youngs Plastik-Ukulele wird aber mit hoher Wahrscheinlich die Maccaferri „TV PAL“ gewesen sein. Nur dieses Modell hatte auf seiner Kopfplatte ein - wenn auch stilisiertes -  Bild von Arthur Godfrey und ein paar Musiknoten als Zierde aufgemalt. Genau so, wie es Neil Young in seinen Memoiren "Special Deluxe" beschrieben hatte. Es kam auch in einem Set mit Musiknoten. Neil Youngs Eltern hatten den Karton mit der TV PAL" der Forma Maccaferri im Jahre 1958 vermutlich in jenem kleinen Laden in Pickering gekauft. Was uns wiederum zur der musikhistorisch interessanten These führt, dass Neil Young und Django Reinhardt dem gleichen Instrumentenbauer - nämlich Mario Maccaferri - ihre Karriere verdanken.

Banjo-Ukulele bleibt unerkannt


Weitere Ermittlungen zu der von Neil Young erwähnten "besseren Ukulele", der Bariton-Ukulele und dem Ukulele-Banjo, die er kurz nach dem Einstieg mit dem Plastikinstrument nacheinander erwarb, gestalten sich wegen fehlender Hinweise schwierig. Bekannt ist nur, wann Neil Young seine Banjo-Ukulele bekam: zu Weihnachten 1959. In seinem Buch "Special Deluxe" schreibt Neil Young: ""An diesem Weihnachten schenkte mir Rassy eine Banjo-Ukulele, die ich im Musikladen gesehen hatte. Sie hatte einen richtigen Folksound. Ich hörte eine "Kingston Trio"-LP, die mein Bruder Bob gekauft hatte, und versuchte dazu zu spielen. Es gab einen Song namens "They Call the Wind Maria", den ich halbwegs lernte. Er hatte eine Menge Moll-Akkorde und ich mochte ihren Klang. Das war wohl sogar meine erste Berührung mit den Moll-Akkorden, die ich so sehr mag und mein ganzes Leben lang benutzt habe."

Sowohl der Hersteller Maccaferri als auch Emenee hatten jeweils Deluxe-Versionen ihrer Einsteiger-Ukulelen, aber auch Bariton- und Banjo-Ukulelen im Angebot. Daneben gab es aber noch zahlreiche andere Hersteller und Lizenznehmer. Möglicherweise waren Neil Youngs nächste Instrumente aber schon aus Holz. Näheres hierzu ist leider nicht bekannt. Comrie Smith, Neil Youngs Schulfreund in Toronto und erster musikalischer Partner, berichtete 2009 dem "Toronto Star" über ihr gemeinsames Musizieren - Smith auf der Gitarre, Neil Young auf der Bariton Ukulele. Das war 1959, im Jahr nach dem Einstieg mit der Plastik-Ukulele.

Zurück in die Kindheit


Neil Young ist im hohen Alter noch einmal in das Plastikzeitalter seiner kanadischen Kindheit zurückgekehrt. Den Song "Tumbleweet" spielte er 2014 für sein Album "Storytone" iner Solo-Fassung auf einer Ukulele ein. Die Aufnahme ist auf CD 1 der Deluxe-Version des Albums enthalten.

Mehr als 50 Jahre nach dem PLONK, PLONK auf der Plastik-Ukulele wurde er auch wieder mit einem Plastikinstrument gesehen. Als Gitarist bei den "Survivers", der Begleitband seiner Ehefrau Pegi Young spielte er im Dezember 2010 auf einem Konzert im "Bell House" in Brooklyn, New York eine Valco „National Studio 66“ aus den 60er Jahren. Diese Gitarre besteht aus mit Fiberglas verstärktem Kunststoff, den der Hersteller „Res-O-Glas“ nannte. Valco/National aus Chicago ging 1968 in Konkurs. Weitere Informationen zu dieser interessanten Gitarre und ihres Herstellers sind in diesem Artikel nachzulesen.

Zwischen dem PLUNK, PLUNK auf Instrument aus „Styron“, den Riffs auf „Res-O-Glas“-Gitarre und der Ukulele-Song auf "Storytone liegen 57 Jahre Weltkarriere, mehr als fünf Dutzend Alben und über 2.000 Auftritte. Was eine einfache Plastik-Ukulele aus einen kleinen Laden in einer kleinen Stadt in der kanadischen Provinz doch alles bewirken kann!

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Übrigens ...


Wie bei Neil Young, so begann auch eine andere Weltkarriere mit einer Ukulele. Nicoles Jennings bescheibt in seinem Buch "Before The Gold Rusch" über die Anfänge der kanadischen Rockmusik, dass auch Joni Mitchell einst auf dem kleinen viersaitigen Instrument anfing. Auch sie - genau wie Neil Young - im Jahre 1958 und ebenfalls in der kanadischen Provinz.

Joni Mitchell mit Ukulele
Allerdings war Joni Mitchells musikalischer Start mit einer ausgewachsenen Bariton-Ukulele erheblich entschiedener, als der ihres späteren Kollegen. Mit einem Kaufpreis, den Jennings mit 36 Dollar angibt, wurde in die kleine Joni auch ein vielfaches von dem investiert, was Neil Young Eltern einst für die billige Plasik-Ukulele in Pickering ausgaben.

Auch Joni Mitchell, die damals noch mit Mädchennamen Joni Anderson hieß, brachte sich die Akkorde selber bei. Während Neil Young die Griffe nach Zetteln mit Cowboyliedern lernte, die seiner Plastik-Ukulele beilagen, ging die kleine Joni Anderson nach einem Schallplattenkurs von Folk-Legende Pete Seeger vor. Sie stieg aber - anders als Neil Young - erst viel später auf Gitarre um. Ihre ersten Auftritte bis ins Jahr 1964 hinein absolvierte Joni Anderson noch immer mit der 36-Dollar-Bariton-Ukulele. Neil Young war da längst bei der E-Gitarre gelandet.

Die Wege der beiden Ukulele-Starter kreuzten sich dann später in Winnipeg, als Joni schon eine verheiratete Miss Mitchell war. Joni Mitchell war damals 1965 mit ihren Folk-Liedern auf Tournee und trat in Winnipes 4D Coffeehouse auf. Neil Young, zu der Zeit mit seiner Band "The Squieres" mit Instrumentalstücken nur regional bekannt, begann da gerade seine Stimme und seine Songwriterqualitäten zu entdecken. Er spielte Joni Mitchell nach deren Auftritt im 4D auf der Gitarre sein frisch komponiertes "Sugar Mountain" vor - Ihre Ukulelen hatten beide zu diesem Zeitpunkt schon hinter sich gelassen.

Arthur Godfrey, der Auslöser des Ukulele-Booms der 50er-Jahre und Werbeträger der Plastik-Ukulele war in Neil Youngs Ukulele-Jahr 1958 auch persönlich im kanadischen Ontario. Godfreys Leidenschaft neben der Ukulele gehörte den Pferden. Er war Dressurreiter und trat Ende der 50er zu Wohltätigkeitszwecken in Pferde-Shows auf. Mit der "Royal Horse Show" gastierte Arthur Godfrey im November 1958 in Toronto. Eine Zeitungsanzeige für diese Show erschien am 24. Oktober 1958 auch in "The Pickering News", der Lokalzeitung des damaligen Heimatstädtchens von Neil Young. Gut möglich, dass der Kauf der Arthur-Godfrey-Ukulele mehr, als nur einen musikalischen Hintergrund hatte. Bekanntlich liegt das Glück der Erde ja auch auf dem Rücken der Pferde ...

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(Fotos mit freundlicher Genehmigung von Antoine Carolus aus Frankreich, der mit www. Chordmaster.org eine der umfangreichsten Internetseiten über Plastik-Ukulelen betreibt. Merci, Antoine!)

HINWEIS: Der ursprüngliche Artikel aus dem April 2011 wurde nach den Aussagen Neil Youngs in seinem Buch "Special Deluxe" im Juli 2015 an einigen Stellen aktualisiert.
















Neil Youngs Ukulele als 3D-Modell





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